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Laute Leise töne

Feeding Seehorses BY HAnd

19/8/2019

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Ende April erschien bereits Billie Martens zweites Studioalbum, das den wunderschönen Titel Feeding Seahorses by Hand trägt. Ähnlich malerisch ist die Sprache ihrer Songs, die mit so viel Leichtigkeit dahingleiten, dass es fast weh tut, das Album in der Stadt zu hören.
Doch weit ab von Lärm, Asphalt und verbauter Sicht, lädt sie zum Fliegen ein.
Die Musikerin kombiniert klassische Folkelemente mit ihrer zarten Singersongwriter-Stimme und erinnert dabei an Laura Marley und Lucy Rose - schließlich war es auch ein Lucy Rose Song, der Billie vor mittlerweile acht Jahren zu einem kleinen viralen Hit machte. Seitdem hat sich viel bei der damals Zwölfjährigen getan. Sie ist erwachsener geworden, hat die Schule besucht, ein Album veröffentlicht und auf dem Leeds Festival performt. 
Der erste Song Cartoon People ist bereits verstörend schön und es fällt nicht schwer mit den ersten Klängen abzuschweifen, von Dingen die man sowieso nicht wirklich machen wollte und Billie Marten in Richtung Krise zu Folgen, wie es am Ende des Songs heißt. Man sollte es als Warnung verstehen, denn immer wieder folgen ziemlich viele depressionslastige Passagen, die mit Härte und Deutlichkeit formuliert sind und einen starken Kontrast zur Zerbrechlichkeit der Klänge bilden. Kleinlaut, leise und zaghaft schleicht man von Song zu Song, ohne dabei so richtig zu merken, ob man nun traurig ist oder berührt und beflügelt vom weichen Sound.
Eine diffuse Gefühlsmasse baut sich auf, die die Müdigkeit und Unklarheit einer Depression ziemlich auf den Punkt bringen. Dennoch hinterlassen die Lieder keine klaffenden Wunden, sondern entwickeln durch die starke Bildsprache immer wieder kleine Momente der Friedlichkeit. Erst Toulouse durchbricht das Muster und geht entschlossener in Richtung Freiheit und bildet einen kleinen glückseligen Anker innerhalb des Albums. Ich war noch nie dort, doch Billie Marten pflanzt das Kleinstadtgefühl eines Ortes in der Sonne in mich hinein, wo es sich rasend vermehrt. Die Stimmung färbt auch auf den folgenden Titel ab und macht das wohl schwerste Lied des Albums etwas erträglicher. She Dances beginnt ähnlich tänzelnd, doch der Refrain bricht gleich mehrere Herzen. Es wird ein zauberhaftes Motiv nach dem Anderen aufgebaut und ihm anschließend jegliche Farbe entzogen:
She howles as she dances | Just like a wolf
Schließlich endet das Album mit Fish ziemlich versöhnlich und mit einer harmonischen Zweistimmigkeit und einem letzten Bild, das sich in Pastelltönen und Wasserfarben vor einem ausbreitet: Ein ruhiges, friedvolles Meer, in das das Mädchen vorsichtig hinein gleitet und mit einem Lächeln vor sich hin summt und schwimmt Like a Fish.
Billie Marten entlässt den Hörer also mit einem kleinen Hoffnungsschwimmer, der sich durch die letzte fast gesprochene Zeile einprägt und festsetzt und für mich fast eine kathartische Wirkung hat.
Es ist ein Album für einige wenige Momente, und obwohl die Playlists, auf denen die Titel gelistet sind anderes vermuten lassen, definitiv kein Album für nebenher. Denn wenn man nur einmal ein paar der Worte aufschnappt, saugt es einen hinein in die Poesie und die karge Welt einer depressiven, jungen Sängerin, die keine Angst hat ihren Kummer zu teilen. 
Am Ende scheint jedoch der Heilungsprozess und die Überwindung der Krise, die den Anfang machte, stärker zu wiegen. 
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