Mit seiner Gitarre auf dem Schoß hatte es sich Sam Johnson bereits auf den breiten Holzstufen hinter dem großen Universal-Komplex bequem gemacht und zupfte seelenruhig vor sich hin. Es herrschte ein reges Treiben am Spree-Ufer, die Sonne stand hoch und seine beschwingten Songs reihten sich ganz organisch in das Bild der ausgelassenen Sommerfreude eines Freitag Nachmittags ein. Hinter dem jungen Briten liegt ein ereignisreiches Jahr. Seit seinem Release seiner ersten Single The Perfect Circle ist viel passiert: „Ich lebe jetzt in einer WG in London, während ich vorher total ländlich gewohnt habe und Songs wie ‚The Perfect Circle‘ nur auf kurzen Besuchen in London entstehen konnten. Ich bekam einen Plattenvertrag, wir haben eine EP aufgenommen und meine langjährige Beziehung endete in diesem Jahr. Erst in den letzten Wochen wurde außerdem mein Elternhaus in Shropshire verkauft. Meine Mutter und ich haben es gemeinsam ausgeräumt und ich bin sicher, darüber werden noch einige Songs entstehen.“ Die am 01.11. erscheinende EP widmet Johnson den Eastcoat Studios, die in der aufregenden Zeit sein musikalisches Zuhause wurden. Hier arbeitete er in erster Linie mit Elliot James zusammen, der auch die neueste Single Trip on Gold produzierte. Ein schneller Gitarrenrhythmus, ein Klatschen und ein ziemlich leichter Beat geben einem schnell das Gefühl in einem Cabrio übers Land zu brausen; Freiheit und Beschwingtheit sind zentrale Elemente der EP. Auch die Single Medicine For My Brain wird von der Gitarre dominiert und brachte Johnson letztlich die nötige Aufmerksamkeit der Plattenfirmen und das, obwohl er die Musikindustrie ausgerechnet in diesem Song aufs Korn nimmt. Ab heute gibt es den Song auch in einer Acoustic Version. „Ich wollte in erster Linie ausdrücken: Hey, ich freue mich, meine Musik selbst zu machen, ich habe Spaß daran und bin nicht auf eine Plattenfirma angewiesen. Jetzt wo ich diesen Deal habe ist es natürlich unglaublich! Ziemlich ironisch, da schreibt man so einen Song und erreicht damit die Labels.“ Trotzdem lässt sich Sam Johnson nur wenig reinreden, ganz besonders was die Texte angeht, die für das Herzstück seiner Musik sind. Es sollen seine Worte sein, die er singt, die die Leute hören und nicht die Worte von jemand anderem. Und tatsächlich verhandelt Sam in seinen Songs gar nicht so fröhliche Themen, wie es die Melodie andeutet. Da kommt es schon mal vor, dass zu den fröhlichen Klängen und über den mitreißenden Beat die besagte Trennung oder der Tod des Vaters verarbeitet wird - belanglosem Radiogedudel sagt er damit den Kampf an. „Ich finde es cool, wenn tiefe, traurige, vielleicht sogar dunkle Texte einen Funken Licht in der Melodie meiner Musik finden. Es ist wie ein kleiner Zaubertrick - in einem Moment ist man glücklich und möchte dazu tanzen, aber wenn man sich hinsetzt und sich mit meinen Songs auseinander setzt, offenbart sich diese andere Seite.“ Verschmitzt lacht der Musiker, als ich ihn nach seinen Träumen und der perfekten Karriere frage: „Ohje berühmte letzte Worte…“ Auch in Zukunft soll sich nichts daran ändern, wie er Musik schreibt und damit Themen verarbeitet. Zwar verlässt er sich auf sein Produktionsteam, versucht viel in den Eastcoat studios zu lernen, aber letztlich möchte er sich weiterhin im Songwriting auf seine eigene Intuition verlassen. „Meine Musik soll immer einen Effekt auf die Menschen haben und nicht seinen Wert verlieren. Es ist wichtig authentisch zu bleiben, mich nicht zu verbiegen und und ich denke dabei ist es wichtig, dass meine Texte weiter im Fokus stehen.“ Die Entschlossenheit, mit der Johnson spricht, lassen eigentlich kaum Zweifel daran, dass sein großes Vorhaben in die Tat umgesetzt wird und er sich dabei nicht im täglich Geschäft mit Popmusik verliert. Nun folgt erst einmal die Eastcoat EP am 1. November und auch darauf werden also noch einige Songs von Sam Johnson folgen, auf die man sich freuen kann!
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