Laute Leise Töne
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laute leise töne

Tamino Verazubert Berlin

29/11/2019

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Das Berliner Publikum ist ein schweres. Zwischen Coolness, Selbstdarstellung, Arroganz und Skepsis kommt selten die ausgelassene Stimme auf, die bei Städten mit einem niedrigeres KünstlerInnen/Einwohner-Verhältnis hat als die kreative Hauptstadt. Doch heute war alles anders. Die gefühlvollen Songs der Supporterin Winnie Reader wurden mit Kusshand angenommen, Jubel erfüllte das wunderbare Gebäude im Wedding und während der Songs wurde aufmerksam geschwiegen. Tamino zog eine Gruppe an Interessierten, Lauschenden, Fans und Musiknerds in das Silentgreen. Bei der besonderen Location handelt es sich um eine Kulturstätte, die einst ein Krematorium war: Ein kleines Stück hübsche Stille inmitten des schmutzigen Weddings. Die sakrale Bauweise der kreisförmigen Trauerhalle, in der die Konzerte stattfinden, sorgt dabei für eine einzigartige Stimmung und Dynamik zwischen KünstlerIn und Publikum. Um aufzutreten schlängelte sich Tamino an den Leuten Vorbei zur niedrigen Bühne, schnappte sich seine Gitarre und begann mit der vollen weichen Stimme die Halle zu füllen. 

Im Oktober war eine erweiterte Version seines Debütalbum „Amir“ erschienen, auf dessen B-Seite einige neue Songs, Demos und Live-Aufnahmen zu entdecken waren. Mit dem ruhigen, emotionalen Song Habibi hat Tamino, durch seine breite Stimme, schnell Anklang gefunden. Was ihn seinen Indie-inspierierten Musikstil dabei jedoch einzigartig macht, ist die Verschmelzung der musikalischen Einflüsse, mit denen der Belgier aufwuchs. Denn neben Jeff Buckley, gehört auch das Werk seines ägyptischen Großvaters Muharram Fouad zu Taminos musikalischen Einflüssen.
Und so trat er auch in Berlin mit einem modifizierten Drumset und Samples arabischer Flöten und Lauten auf und ließ seine warme Stimme in Melodien durch den Raum tanzen, die zwischen dem europäischen und dem arabischen Tonsystem vermittelten. Dazu bildet er beispielsweise Harmonien wie sie im Fux'schen Lehrbuch stehen, bewegt sich aber immer wieder in Vierteltonschritten, die das Arabische Tonsystem auszeichnet. Die vielen Wechsel zwischen den Tonarten und Intervallen gehen dem Sänger so locker von der Hand, da er sowohl eine starke Bruststimme als auch eine herzzerreißende Kopfstimme hat. Im Arrangement mit der Indie-Rock-Besetzung seine Band kommt eine so innovative, neue Musik dabei heraus, die noch dazu mit berührenden Texten punkten kann. Der Abend lebt von der Improvisation in Taminos Gesangspart, denn die typischen Tonwechsel baut er live meist nach Gefühl ein. Trotz aller Perfektion schafft es Tamino auch bei den lauteren Songs wie „Each Time“  den intimen Kontakt zum Publikum halten. Zu den absoluten Highlights gehörte „Sun May Shine“. Der Song baut über die Strophe hinweg so viel Spannung auf, denn dann am Ende in einem Großen Zusammenspiel aus Harmonien und der Kopfstimme Taminos gelöst wird. Dazu flackerten die Lichter der Location im Takt. Der Hall trug jeden Ton bis zu runden Kuppel der Ruhestätte und es ist schwer an diesem Abend nicht von den Klängen der klaren, weichen Stimme berührt zu werden.
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