Mit einer kleinen Hommage an die Hollywood-Sinfinik kommen die Paper Kites auf die kleine Bühne im Binuu in Berlin.
Das Publikum in der hübschen Location in den Bahnhofsbögen des Schlesischen Tors ist still und man lässt sich bereits mit den ersten Klängen von der australischen Band einlullen. Die Paper Kites, das sind, sanfte Gitarrenklänge, Harmonien, in die man sich fallen lassen kann und ganz viel sinn für Feinheit und Raffinesse. Während ihr erstes Album genau danach klang, was man sich unter einer Platte Namens Woodland vorstellt, sind die zwei jüngsten Veröffentlichungen viel eher in die Ästhetik von Drive geschlüpft und haben die fünf Australier vom filigranen Finger-picking zu satteren Klängen geführt. Der Abend schlendert zwischen diesen beiden Facetten und scheint nicht ganz in dem kleinen Raum anzukommen. Erst beim dritten Song Revelator Eyes (Song) scheinen sowohl Band als auch Publikum so richtig loszulassen und in mir gibt es einen kleinen Ausbruch, der wenig später wieder in dem wabernden Sound verebbt. Die Paper Kites bleiben sehr innerhalb ihres Sounds, was auf den Alben ganz wunderbar ist, doch ich wünschte mir mehr sprudelnde Elemente, mehr überschäumen vor lauter Wonne, Schmerz und Emotion.. Die Menschen scheinen an diesem Abend viel bei sich selbst zu bleiben und zwischen den Songs herrscht ein Schweigen, das den schweren Melodien noch mehr Raum und Tiefe verleiht, die erst von den ungewohnt starken Drums wieder aufgehoben werden. It's nice to be sad sometimes, sagt Sänger Sam Bentley mit seiner weichen Stimme, die immer scheint als würde ihm etwas fehlen. Sein Sehnen nach Mehr durchzieht die Lieder, den Abend und wir wogen dahin. Ab und zu lädt ein Song zum tanzen ein, doch auch das nehmen wir nur mit einer kollektiven Gänsehaut auf, die jeder für sich genießt. Das Konzert ist ein gemeinsam gelebtes Wohlfühlen in leichtem Schmerz, der gerade soweit reicht, dass er eine schöne Entschuldigung ist, alleine eingekuschelt auf einem Bett zu sitzen und über das Leben zu sinnieren. Highlights sind die kleinen Chorstellen, bei denen sich alle 5 um das Mikro tummeln und das Volumen einzelner Worte plötzlich das Binuu zu sprängen scheint, nur um sich Sekunden später schon wieder organisch zurückzuziehen. Die E-Gitarre erfüllt alle Ecken und umspielt das Publikum mit einem Echo der Melodie oder Akkordfragmenten, die in der Luft hängen bleiben. Jeder Song scheint für sich aufzublühen und als Train Ride Home (Songatgebuch) erklingt steigert sich mein introvertierter Genuss um die letzte Nuance, die mir zum endgültigen Dahingleiten noch gefehlt hat. The Paper Kites haben die Menschen in Wehmut vereint und jedem Individuum einen Platz geschaffen, das Konzert ganz in sich allein aufzusaugen. Schließlich endet der Abend mit einem Sample eines davon fahrenden Zuges. Das Licht flackert Blau-Violett und in der nachklingenden Stille, vernimmt man tatsächlich die U1, die über dem kleinen Club anfährt und sich in die kalte Berliner Nacht bewegt. Bei welchem Song hattet ihr als letztes so eine richtige Gänsehaut? Mehr zu The Train Ride Home könnt ihr hier lesen.
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Das Publikum im Musik und Frieden ist an diesem Tag überschaubar und dennoch herrscht eine große Geräuschkulisse. Bereits im Februar haben die drei Frauen hinter Dream Wife ihr Debütalbum mit einem großen Knall in die Welt hinaus geschrien und die Poppunk-Szene mit feministischen und genderkritischen Parolen bereichert. Seit dem haben sie um die 150 Shows gespielt und das Album scheint ihnen in Mark und Knochen übergegangen zu sein. Auch an diesem Abend stürmen sie mit großem Elan auf die kleine Bühne und reißen das Publikum mit. Die drei könnten kaum diverser sein und doch steht die Band sehr vereint auf der Bühne. Zwölf Songs haben sie mitgebracht und immer wieder säuselt die isländische Sängerin wunderschöne Moderationen in das Mikro. Während der Songs bleibt davon wenig übrig, denn das Album strotzt vor Power und Leidenschaft. Leider gehen in der Mischung die wichtigen Worte manchmal zwischen dem Gitarrengeschrabbel à la Babyshambles unter. Doch die Hymne Sombody wird von dem Publikum ohnehin lautstark mitgesungen und es schallt durch den Raum: I am not my body, I am somebody. Der Abend steht, trotz all der ernsthaften Themen, die Dream Wife in ihrer Musik verhandeln, unter dem Motto der Ausgelassenheit. Man hängt an den weichen Vokalen, die aus dem Mund der Isländerin Rakel Mjöll rollen und den starken Refrains, die sie ins Mikro spuckt. Ihr steht die Mischung auf Koketterie und Süffisanz, mit der sie das Publikum um den Finger wickelt. So sieht man sie schon in ihrem weichen und gleichzeitig energetischen Gang über weitaus größere Bühnen stolzieren, denn eins hat die Band an diesem Abend gezeigt: Sie sind entschlossen! Spätestens bei den letzten drei Song FUU, Hey Heartbreaker und Let's make out tobte der Saal mit den Girls mit und feierte die Hits. Rakel stürmt ins kleine Moshpit, Gitarristin Alice Go haut ein drei-minütiges Intro zu FUU raus, das zeigt, dass sie und ihre Gitarre eins sind. Bella Podadek blüht hinter ihrem Bass in den Backing Vocals auf und bereichert die Zeilen mit einer extra Portion Energie. Es ist eine herrliche Show und man würde diesen drei Frauen noch ewig durch die Nacht folgen. Man kann sich den intensiven Blicken und der Kraft ihrer Präsenz nicht entziehen und würde den Gefährtinnen Diskussionslos durch die Clubs hinterher jagen und weiterhin an den schönen Lippen hängen. Dream Wife erfinden mit ihrer Musik vielleicht das Rad nicht neu und klingen wie man sich eine Punkpop Band vorstellt, aber sie reißen einen mit und haben eine Message, hinter der die Künstlerinnen entschlossen stehen und die sie mit dem Publikum umso stärker vereint. Mit einem wohligen Gefühl strömen die Menschen ins kalte Berlin zurück. Hier und da noch ein tänzelnder Zwischenschritt, ein zuckender Rhythmus, der einen noch bis nach Hause verfolgt oder ein Summen auf den lächelnden Lippen und das Gefühl man hätte einen tollen Abend mit neuen Freundinnen verbracht. Wie wichtig ist dir eine Message in der Musik, die du hörst? Nur wenige Wochen nach den Pale Waves spielte die nächste Band mit einer starken Frontfrau ihr Debüt in Berlin. Black Honey ist ebenfalls eine britisch Band und sind in erster Linie erst einmal jung. Nach 4 Jahren Bandgeschichte, in denen sie mehrere EP's und Singles veröffentlichten, erschien das erste Album und damit auch ihre erste Headlinershow in dem kleinen Cassiopeia in Berlin. Wie erwartet tritt die Band mit einem lauten Knall auf und reißt das Publikum in binnen Kürze in ihren Bann. Das liegt nicht zu letzt an der wunderschönen, extrovertierten Frontfrau Izzy Philips, die mit einer geschmeidigen Stimme das Publikum einhüllt. Wer jetzt an ruhige, hauchige Soulklänge denkt hat jedoch weit gefehlt, denn Sie weiß wie sie genügend Härte in ihre Vocals bringt, während ihre drei Kollegen in ihrem Rücken fantastischen Garbage Rock produzieren. Immer wieder wird durch die Harmonien zwischen Izzys facettenreichen Stimmspielen und ihren klaren Backingvocals etwas aufgebaut, um es im nächsten Moment mit lauten Gitarren erneut zu brechen. Verführerisch und lässig spielt sie mit ihrer vollen Bruststimme die fast übergangslos in ihre Kopfstimme gleitet. Kokett wippt Izzy mit ihren Hüften zu den krachenden Drumschlägen und verleiht der Härte einen Hauch an Zärtlichkeit und lässt gleichzeitig zuckersüße Texte zynisch und kalt erscheinen. Sowohl im Style als auch klanglich hat sich die Band an diversen Jahrzehnten bedient und das Beste zusammen gemixt, was an manchen Stellen etwas zu Facettenreich erscheint und dem Album eine Note zu viel Unruhe verleiht. Live wirkt das musikalische Bild um einiges runder, denn man verließ sich auf die handgemachten Klänge, anstatt wie in der Produktion mit diversen Synthesizern und Hall- bzw. Autotune-Effekten zu experimentieren. Der Auftritt ist kantiger, sperriger und vor allem reduzierter, dennoch schafft es weiterhin jeder Song seinen eigenen Vibe zu transportieren. Die Band hat sichtlich Spaß, auch wenn die Freude tief unter einer bewundernswerten Schicht Lässigkeit und Coolness verborgen liegt. Souverän und lückenlos gleiten die Zuschauer ohne den Anfug von Floskeln von einem Song zum nächsten. Hier und da eine kleine Moderation, ein paar Worte, bevor es in das nächste Lied geht. Es gibt Songs auf Augenhöhe und mit Blickkontakt für die Frontline, sowie wildes Tanzen für den Rest. Nach 16 Songs neigt sich der Abend dem Ende zu und auch diese junge Band zeigt mit ihren Hitsingles aus dem vergangen Jahr und dem kürzlich erschienenen Debütalbum, dass man einiges von ihnen zu erwarten hat und die Menschen singen mit, als würden sie die Songs schon ein halbes Leben mit sich herum tragen. Ebenso souverän war aber auch ihre Vorband: Pins. Eine Band aus 4 starken Girls, die eine mehr als solide Leistung ablieferten. Ohne Berührungsängste sprangen sie ins Publikum, führten Problemlos von Song zu Song und spielten ihre Instrumente gekonnt zusammen. Man darf gespannt sein, wie sich die Laufbahnen der beiden Bands entwickeln. Black Honey hat mit dieser Debütshow gezeigt, dass in ihnen eine fantastische Live Band steckt, die ihre Studioaufnahmen um längen schlägt und einen guten Abend mit Nachgang garantiert. Hier könnt ihr einen Eindruck von Back Honeys Live Auftritten gewinnen. Was haltet ihr von der Band und ihrer extrovertierten Frontfrau? Ein junges, alternatives Publikum versammelte sich langsam im FRANNZ Club, um das Konzert der britischen Popband Pale Waves zu besuchen.
Die vorrangig schwarz gekleideten Menschen scheinen genauso wenig zu der bunten Popmusik der Band zu passen, wie die Leadsängerin Heather Baron-Gracie selbst. Das Publikum war zwar klein, aber absolut motiviert und bewgte sich bereits zu den Songs der deutschen Vorband Flickering Lights. Die souveräne Frontfrau sang und tanzte zu den Gitarrensounds ihrer vier Bandkollegen. Vor allem die Melodien des Basses stachen heraus und gaben den Liedern einen individuellen Klang, den ich bei deutscher Popmusik oftmals vermisse. Der Raum füllte sich weiter, bis sich die Pale Waves aus Manchester schließlich von wildem Stroboskop-Licht ankündigen ließen. Der Auftritt war von Anfang bis Ende inszeniert, was für die Arbeit ihres Labels DIRTY HIT RECORDS typisch ist. Leider entstanden immer wieder Lücken zwischen den Songs, die zwar der ausgesprochen guten Stimmung keinen Abbruch taten, aber die Lichtshow wurde so an einigen Stellen unterbrochen. In der kleinen, schwarzen Stille wurde gelacht, getuschelt, gejubelt und dann wieder gesungen und los getanzt. Auch in der letzten Reihe gab man sich textsicher und freudig, sodass der kleine Raum mit etwa 300 treuen Seelen gefüllt war, die ausgelassen das Konzert genossen. Die Ästhetik der Band und der musikalische Stil schienen bis zum Live-Moment immer etwas widersprüchliches an sich zu haben, doch Heathers Energie und Passion vereinte die Diversität der düsteren Erscheinung und der Hits. Auch das Schlagzeug, das von Ciara Doran gespielt wird, stach hervor. Es war mit einem saftigen Hall versehen und verlieh den poppigen Melodien, bei der eine Hookline auf die andere folgt, etwas mehr Härte, als die Versionen au dem Debutalbum My Mind Makes Noises und sorgte für großen Beifall. Generell wurde gerade bei ausgefallenen Songs gejubelt. Denn auch wenn die Band klanglich eine Einzigartigkeit in einer Nische irgendwo zwischen Cyndi Lauper und Taylor Swift gefunden hat, so bedienen die meisten Songs das selbe Schema. An einigen Stellen blitzt bereits etwas hervor, dass die Kompositionen auszeichnet und an anderen, verlässt man sich zu sehr auf das Hitpotential. Der heutige Abend hat dennoch eine Band gezeigt, die sicher auf der Bühne agiert, vor Energie strotzt. Eine Band mit einer ikonische Frontfrau an der Spitze und einem kreativen Label im Rücken. Der Zuspruch des Publikums sollte die Band weiter beflügeln, den mutigeren Songs wie Sad oder She zu folgen. Der Berliner Sommer liegt in den letzten Zügen und die Columbiahalle füllt sich schon früh.
Tash Sultana hat mit ihrer neuen Platte Flow State die Menschen angezogen und das Konzerthaus gleich zwei mal in Windeseile ausverkauft, sodass auch die letzten Skeptiker der vielseitigen Künstlerin verstummt sein dürften. Auch am 10.09 überzeugt die Australierin mit einem breiten Lächeln und ihrer einzigartigen Ausstrahlung. Dabei begleiten sie die Pierce Brothers, die mit einem Didgeridoo auf die Bühne kamen. Das Publikum, das von Mittzwanzigern in alternativen Looks dominiert wird, geht auch hier schon jubelnd mit. Und dann kommt SIE - Das barfüßige Mädchen, in das die ganze Halle verknallt zu sein scheint. Sie flowt von einem Song zum nächsten und der Abend füllt Raum voller Liebe für die enthusiastische Tash Sultana. Euphorisch zupft sie ihre Gitarre, spielt in Ekstase wankende Beats ein und freut sich wie ein Kind über jede neue Spur die ihre Loopstation ausspuckt. Obwohl sie sich vor dem Singen immer wieder etwas zurück nimmt, tanzt auch ihre Stimme facettenreich über die Zeilen. Egal wie ruhig ein Song scheint Sultana baut nuancierte Drehungen ein, spielt mit dem Soul ihrer Stimme, kennt jede Kante und springt von hartem, vollen Gesang direkt in die weichen Töne hinein. Kurzes innehalten, konzentriert ins Mikrophon singen und dann wirbelt Tash erneut zwischen ihrem elektronischen Musikanten hin und her. Hinter ihr ein kleiner Schrein, auf dem Gitarren thronen, die stetig ausgetauscht werden. Dazu kommen zahlreiche Synth, Drums, eine Trompete und ein Teppich aus Effektpedalen. Das ganze wird von einer fünfteiligen LED-Wand in Szene gesetzt, auf der psychedelische Bilder abgespielt werden. Zum Ende holt sie bei der Hitsingle Jungle noch einmal alles aus ihrer Fender und zeigt wie sich Reggae, Soul und Rock Elemente unter ihrer Leichtigkeit vereinen und lässt das Publikum nach einem perfekt aufgebauten Ende sprachlos zurück. Die Luft steht in der Columbia Halle, als die Vorband CHAI KHAT vor der erst mäßig gefüllten Halle spielt. Schleichend nur lösen sich die einzelnen Grüppchen von der Straße und dem Sauerstoff und tauchen ein in dien voller werden Raum. Unruhe macht sich breit, die sogar den ersten Song der Band FUTURE ISLANDS andauert. Von sanftem Meeresrauschen werden die Mitglieder aus Baltimore einzeln auf die Bühne gespült: William Cashion (Bass), Michael Lowry (Drums), Gerrit Welmers (Keysboard) und schließlich Samual T. Herring. Das Gemurmel hielt nicht lange an, denn nach dem ruhigen Start legte die Band mit Ran energetisch los. Ab da gab es kein Halten mehr und einige Momente später war auch das Publikum bis zur letzten Reihe am Tanzen. Der lähmenden Hitze zum Trotz, füllte sich der Raum mit den kraftvollen Klängen und löste immer wieder Jubel aus, den man erst am Ende eines Konzertes erwartet und der nicht abzubrechen schien. Sam war klar im Fokus der Show und zog jeden Blick mit seiner einzigartigen Performance an sich. Zunächst wechselt seine Stimme mit Leichtigkeit von zärtlichen Tönen, zu verletztem Keifen und schließlich in das unverkennbare Löwengebrüll, was aus der Tiefe seiner Brust kommt und die weichen Synth durchschneidet. Unterstreicht wird das immer wieder von den starken Schlägen gegen seinen Körper, was dem Takt oder einzelnen Worten mehr Kraft verleiht und sogar manchmal das Mikro erreicht und bis in die hinterste Ecke den Saal durchdringt. Dazu kommt jede Bewegung, die er den Textzeilen mit auf den Weg gibt. Jedes Wort scheint ganz genauso gemeint zu sein. Der Sänger wirft sich durchs starre Scheinwerferlicht, lässt sich fallen und fängt sich erst im letzten Moment, gleitet, springt, tanzt über die Bühne. Er ist energisch, aufgeladen, kraftvoll und es scheint ein Wechselspiel zwischen ihm, der Band und dem Publikum zu geben. Man gibt sich der Musik, dem Moment und all der Intensität dieses Konzerts hin und kommt der ersehnten frischen Luft Song für Song näher. Doch zum Schluss bleibt noch ein bisschen Elektrizität im Raum - ein bisschen Spannung, die Sam aufsaugt und die Zugabe um 2 weitere Songs verlängert, bis er ein erschöpftes Publikum in die frische der Sommernacht entlässt. Schnell bewegt sich die klebrige Masse vor die Tür, wo man lachend auseinander geht und den Moment leise zelebriert. |
KonzertberichteLive! Live! Live! Von den absoluten Höhenflügen bis zur größten Enttäuschung. |